Das Jahr 1940
Allgemeine Entwicklung
Die Radioindustrie wird weitgehend der Kriegsmaschinerie eingegliedert. Ihre Techniker, die sich eben aufs Fernsehen vorzubereiten begannen, müssen sich mit Wehrmachtsröhren vertraut machen, mit Funkmeßtechnik (Radar) und Steuerungstechnik, mit ultrakurz und Dezimeterwellen. Nebenbei erfährt man, daß in den USA das Fernsehen sich weiter verbreitet und daß Armstrong dort erfolgreiche Versuche mit Frequenzmodulation (FM Radio) für Radiozwecke durchgeführt hat die erst 10 Jahre später für Europa interessant werden. Es werden Lenkungsmaßnahmen und Vorschriften „Zur Leistungssteigerung der deutschen Rundfunkindustrie“ erlassen das sind einerseits Standardisierung von Normreihen und Abmessungen für Bauteile, hieran wird noch bis 1943 gearbeitet, andererseits sind es Materialverwendungsverbote. Für das Inland darf nur mehr unter strenger Beachtung der Einschränkungen produziert werden, bei Exportgeräten ist man nachsichtiger.
PHILIPS-Holland ist nach der Besetzung der Niederlande kaum mehr erreichbar, so daß die noch 1939 intensiv gewesenen Kontakte abbrechen. Dr. A. Loupart und andere Mitglieder der Konzernführung haben sich in die USA abgesetzt. Entscheidungen fallen in Berlin, von wo auch, Verbindung mit den Aufsichtsorganen der holländischen Organisation besteht. Unter Ausnützung der Lage versucht Friedrich Horny, mehr Einfluß oder vielleicht sogar einen Anteil an „seinem“ Betrieb zurückzubekommen, erreicht aber nur eine Verärgerung in Eindhoven, wo das natürlich bekannt wird.
HORNY
Als wichtigsten und lang fortdauernden Rüstungsauftrag hat Horny zunächst die Fertigung von Bomben-Zündern übernommen. ( Beim Gleiten der Bombe durch den Abwurfschacht des Flugzeugs wird ein Kondensator elektrisch geladen, dessen Entladung, je nach vorheriger Einstellung, beim Aufschlag oder nach bestimmter Zeit die Zündung auslöst.) Es folgen später Montagearbeiten für Bausteine der meist von der Firma Telefunken entwickelten Funkmeßgeräte „Liechtenstein“ und „Würzburg“, sowie für Geräte zum Funkverkehr. Ein immer größerer`Teil der Fabrik füllt sich mit diesen Arbeiten. Die Zünderfertigung kommt in die Halle IV unter Hrn. Motlik (Meister). Es geschehen viele interne Übersiedlungen. Ausweise und Ansteckplaketten kennzeichnen die Mitarbeiter nach ihrer Abteilung. Uniformierter Werkschutz, 13 Mann, bewacht das Gebäude. Im Oktober bildet man einen nebenamtlichen Werkschutz aus Betriebsangehörigen, die, von der Schutzpolizei als Hilfspolizisten vereidigt und mit Armbinde gekennzeichnet, im Alarmfall gewisse interne Absperrungen durchführen sollen. Es kommen jetzt französische Kriegsgefangene und später auch dienstverpflichtete aus Holland zum Einsatz. Sie werden in der „Franzosenbaracke“ Wien III., Wildgansplatz, untergebracht. Immer mehr dienstverpflichtete Mädchen und Frauen, ohne Beruf oder Kleinkinder, müssen eingestellt werden. Eine Lehrwerkstätte soll den Facharbeiternachwuchs sichern. Die Werksfeuerwehr wird reorganisiert und eine Luftschutztruppe aus Männern und Frauen durch Hr. Dinzl aufgestellt. Übungen mit Spritzen, Löschgeräten, Fauerpatschen usw werden laufend durchgeführt. Die Keller unter den angrenzenden Remisen der Ostbahn adaptiert man als Luftschutzräume. Die Brandwachen können sich in Splitterschutzbunker oder primitive Unterstände zurückziehen. Luftschutzdienst besteht für alle rund um die Uhr, auch an arbeitsfreien Tagen. Für den Nachtdienst es sind nur Männer, steht ein von Ungeziefer wimmelnder Bereitschaftsraum mit Stockbetten zur Verfügung. Zur Ertüchtigung,und um die begehrte „Betriebssportauszeichnung“ zu erringen wird der in der Freizeit durch Arbeiter und Angestellte der Sportplatz vollendet, wo dann ein großer „Sommer-Sporttag“ mit allgemeinem 1000 m – Lauf stattfindet. Ab März erscheint ‚eine Werkszeitschrift .“DER HORNYST“. Ein Werksarzt wird installiert und eine Werksküche, die von außen beliefert wird. Die meisten erhoffen ein baldiges Kriegsende und verfolgen gespannt die von Fanfaren introduzierten Siegesmeldungen. Nur wenige wagen es, die heimlich gehörten Auslandsmeldungen auszutauschen, denn das kann lebensgefährlich sein. Hr. Frey, der Abwehrbeauftragte, ist nun auch Rüstungsbeauftragter, über den die Aufträge laufen und die Verbindungen zu den Waffenämtern. Hr. Hager wird sein Assistent, er ist fast ständig auf Reisen und ist auch für Zulieferungen zuständig. Stahlschränke bewahren die vielen Geheimdokumente auf. Es gibt häufige Sitzungen mit Beauftragten der Waffenämter oder des Kommandos des Wehrkreises XVII., Wien. Bald müssen viele Abteilungen 60 Std/Wo arbeiten. Friedrich Horny bemüht sich, die zivile Fertigung fortzuführen. Hr. G. Ullmann komt, vorwiegend für Hrn. Strack ins Konstruktionsbüro. Auf der Wiener Herbstmesse, nun wieder wichtiger Handelsplatz für den Südosten, zeigen 22 deutsche Apparatebauer nicht lieferbare Prestigegeräte mit Drucktasten z.B TELEFUNKEN „PICOSUPER“. Das Horny-Programm 1940 enthält nur , lieferbare Typen. Für das Inland gibt es strenge materialsparende Apparate den K 36 L (und K 46), 4 Röhren Super in kleinem Preßstoffgehäuse; das Chassis besteht statt aus Blech aus einer Montageplatte aus Hartpapier; Geichspannungsversorgung um den Netztrafo zu sparen; Drehko mit Gehäuse aus innen metallisiertem Kunststoff; Lautsprecher mit Fremderregung benötigt daher keinen Magnetstahl; billige Schaltknebel, keine Zierteile. Nur für Devisenländer bestimmt sind W 136 A/L (und W 146 B), 4 Röhren in Holzgehäuse, ähnlich den früheren PRINZ-Modellen, jedoch mit Sparschalter dem W 236 A ähnlich mit Magischem Auge; und dem W 336 A, mit Verbund-Endröhre. Der Inlandsabsatz sinkt stückzahlmäßig auf etwa 2/3, der Export steigt auf 180%. Zusammen macht das bei Stückzahl und Umsatz rund 90% aus. Die Anzahl der Versionen geht zurück. Auf allen Geräten hat das HORNYPHON-Zeichen die Adlerflügel verloren! Über die Rüstungsproduktion sind keine Zahlen bekannt
Produktrange
Das Jahr 1941
Allgemeine Entwicklung
Ein neuer Sender, Graz-Dobl mit 100 kWwird in Betrieb genommen und dient ausschließlich fremdsprachiger Propaganda Richtung Südosten. Nach der Besetzung Jugoslawiens wird der dortige „Soldatensender Belgrad“ gern gehört und sein allabendliches „Lili Marleen“ ein Schlager rund ums Mittelmeer.
PHILIPS bringt, außerhalb Deutschlands Schlüsselröhren mit bis zu neun Anschlüssen (8 Stifte im Teller und der schlüsselförmige Mittelstift, der auch als Abschirm-Anschluß dient), so daß beim ECH-Typ (H ist hier eine Heptode) Trioden und Heptodenteil getrennt verwendbar sind, z. B. als NF und als ZF-Verstärker: ECH 21, ECH 21, EBL 21. Mit analogen U-Typen erscheint ein leistungsfähiger Zwergsuper. D-Röhren mit 1,4 V -Heizfäden gehören für Batterieempfänger zum Betrieb aus Trockenzellen. Das im Vorjahr von 10.000 Schilling in 6666,67 Reichsmark umgewandelte Grundkapital der ohne Aktivität weiter bestehenden VINDOBONA wird auf 5.000 Reichsmark reduziert und Hr. J. Pörtl scheidet aus dem Betrieb aus.
HORNY
vergrößert die Rüstungsproduktion. Hr. Haidenthaller mit Hern Kreuzer entwickelt ein magnetisches Minensuchgerät (eine der beiden Spulen am Ende des Suchstabes liegt im Schwingkreis eines Tonfrequenzoszillators, die zweite ist von ihr entkoppelt und steuert einen Verstärker mit Kopfhörer. Jede Verzerrung der Spulenfelder durch ein Metallstück wird als Ton hörbar), von dem unter dem Namen WIEN 41 eine große Zahl erzeugt und auch eingesetzt wird. Die meisten Abteilungen arbeiten jetzt Langzeit das sind meist 60 h/Wo oder in Schicht. Weitere maßnahmen zur Steigerung der Effizienz werden ergriffen und ein betriebliches Vorschlagswesen (Betreuer Hr. Huszar) eingeführt. Weitere „Auskämme-Aktionen nicht durch dringliche Aufgaben gedeckter, kriegsverwendungsfähiger („k. v.“) Mitarbeiter (u. a. die Herren Krammer, Neubacher). Immer mehr dienstverpflichtete Frauen. Der Betriebsführer Friedrich Horny empfängt von Gauleiter Baldur von Schirach das Kriegsverdienstkreuz. Sein Bestreben geht aber immer stärker nach weiterem Bekannthalten des Radiofabrikanten HORNY.
Die Empfänger 1941 (K. 37 L und W 137 L, Nachfolger des W 36 L, der zweite in billigem Holzgehäuse; SUPER-PRINZ 41; W 237 A/L; W 257 B = Batterie-Großsuper mit 5 Verstärkerstufen und Gegentakt-Endstufe) gehen praktisch nur ins Ausland. Aber auch die Exportproduktion wird im Lauf des Jahres in ganz Deutschland verboten. Radios dürfen nur mehr erzeugt werden in besetzten Gebieten oder in „Vasallen“-Staaten. Zunächst wird aus Holland eine Anzahl der neuen PHILIPS- Zwergsuper 637 L importiert. Hr. F. Göschl bemüht sich in Frankreich um Zulieferung dort erzeugter Apparate. Horny entwickelt Pläne zum Bau einer eigenen Fabrik im Ausland, wozu aber viele Verhandlungen und Geld nötig sind. Inzwischen wird seine Marke präsent gehalten durch Ausstellen auf der Wiener Frühjahrsmesse (die an sich der Landwirtschaft gewidmet ist), einer ganzen Apparate-Palette auf der Herbstmesse und ebenso auf der Leipziger Herbstmesse. Wichtige Händler bekommen als Zeichen der Verbundenheit die HORNYST-Hefte regelmäßig zugesandt und zu Weihnachten Präsente vom „HORNY-Weihnachtsmann“.
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Das Jahr 1942
Allgemeine Entwicklung
Materialverschleiß und Luftangriffe zwingen zu äußerster witschaftlicher Anstrengung. Nicht lebenswichtige Zivilproduktion wird ausgemerzt. Zusätzlich kommen zu Horny Panzereinbauteile. Bordsprechanlagen, Verteilerkästen , Kabel einheiten und dergleichen. Horny hat die Leitung des entsprechenden Unterausschusses übernommen, beim Reichsminister für Bewaffnung und Munition bemüht sich Hr, Hager um Koordination mit anderen Acquisiteuren Hr. Koneska, um das immer schwieriger werdende heranschaffen der Unterteile. Auch ein Auftrag auf Fertigentwicklung (Hr. Baumgartner) und dann Erzeugung der Steuereinheit für ein kleines Panzerfahrzeug trifft ein, das ferngelenkt (verschiedene Tonfrequenzen über UHF) ein Ziel ansteuert und dort 1000 kg Sprengladung entweder abwirft oder mit sich selbst sprengt. Hr. Herth kann vom Wehrdienst zurückgeholt werden und übernimmt die sehr wichtig gewordene mechanische Quako. Auch Hr Krammer kommt zurück, wird aber bald zur Raketenversuchsstation Peenemünde versetzt, von wo er beim Horny-Labor einige Laufzeitschieber und Phasenzeiger bestellt. Die Zahl der Beschäftigten und Platzbedarf steigen immer mehr und zwingen zu Umbauten, Anbauten und Verlagerungen. Pläne für einen Verlagerungsbetrieb, auch wegen der Luftgefahr werden diskutiert. Für eine Zivilproduktion wird nun (Eintragung Handelsregister 1. Mai) die RADIOWERK HORNY Repräsentanz für die Slovakische Republik, gegründet und mit dem Bau einer groß angelegten Fabrik in Preßburg begonnen, mit Montage, Teilefertigung, Spulerei und Metallwaren, wo bis auf weiteres für sämtliche Wiener Radiofabriken gebaut werden soll. Schon im Spätsommer läuft die Produktion langsam an mit dem neuen Zwergsuper W 1038 L. Inzwischen werden aus Holland bescheidene Mengen der Super 3+1 Röhren 737A/S und 11+1 Röhren 837A für die deutsche Industrie geliefert, als letzte PHILIPS-Lieferung. As einzige Radiofabrik des gesamten großdeutschen Reichs stellt Horny, auch 1942 noch, und das zum letzten Mal, bei verschiedenen Messen aus.
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Das Jahr 1943
Allgemeine Entwicklung
Auch Österreich ist nun Luftangriffen ausgesetzt. Die Rundfunksender gefährdeter Gebiete geben, nach ankündigendem Kuckucksruf, Luftlagemeldungen „Kampfverband im Anflug auf Kärnten-Steiermark“ und werden bei fortgesetztem Anflug abgeschaltet. Weitere Durchsagen übernimmt der zu diesem Zweck in größeren Städten installierte Drahtfunk, der längs den Telefonleitungen das Reichsprogramm auf 155 kHz und das des Deutschlandsenders auf 250 kHz weiterleitet. Das Radio ist jetzt lebenswichtig. Die Hörerzahl im österreichischen Gebiet erreicht 1,06 Mio. Bis Kriegsende sinkt sie ein wenig, weil es keine neuen Geräte mehr gibt. Außer den offiziellen Rationen bekommt man praktisch gar keine Gebrauchsgegenstände mehr. Das Geld ist wertlos und strengste Preis und Lohnkontrollen sind nötig. Auch individuelle Anpassung etwa eines Gehaltes darf nur erfolgen mit Zustimmung des „Reichstreuhänders der Arbeit“.
HORNY
beschäftigt etwa 2000 Personen. Trotz Langzeit und Schichtarbeit müssen Arbeiten improvisiert außer Haus verlegt werden, so ein Teil der Zünderfertigung nach XIV., Reinlgasse (ehem. Sargfabrik) und eine Lackiererei nach X., Scheugasse. Auf der Fläche zwischen Hauptgebäude und Waggonhallen, bisher Sportplatz, entstehen Lagerbaracken und errichtet die Wehrmacht eine Verpflegungsstelle. Das von der „Volksküche Margareten“ gelieferte, kriegsgemäße Essen an die Hornymitarbeiter wird jetzt turnusweise im „Gefolgschaftsraum“ (Halle IV) eingenommen. Ein Rationalisierungsappel, „Jeder tut mit“, im März, findet im Freien statt. Auf Drängen und mit Unterstützung der Rüstungsinspektion des Wehrkreiskommandos XVII wird eine stillgelegte Strumpfwirkerei in Tribuswinkel bei Baden als Verlagerungsstätte zugewiesen, Tarnbezeichnung VINDOBONA. Ab Jahresmitte übersiedeln dorthin Zug um Zug die Fabrikationsabteilungen, die Montage als erstes. Werkzeug, Prüfgerätebau, Entwicklung usw. werden zunächst zurückgestellt. Hr, Freys Vertreter als Abwehrbeauftragter und als Werkschutzleiter wird Ing. Rössler von der DL. Hr. Daeczek kommt vom Militär zurück und wird bei den Verlagerungen eingesetzt. Etliche holländische Zivilarbeiter werden in die Wiener Fabrik dienstverpflichtet. Als Vorsichtsmaßnahme für die Zeit nach Kriegsende wird das Aktienkapital Horny auf 3,0 Mio Reichsmark erhöht, je zur Hälfte im Besitz der Wiener PHILIPS und der N. V. PHILIPS Eindhoven. Diese Änderung wird jedoch nicht ins Wiener Handelsregister eingetragen und wirkt sich später auch nur insofern aus, als bei der ersten Hauptversammlung nach Kriegsende nur die N. V. Philips als Aktionär in Erscheinung tritt und zwar bloß mit 1,45 Mio! Während die russische Funktechnik gegen die deutsche etwa 10 Jahre Rückstand zeigt, überholen die Angloamerikaner die zumeist schon vor Kriegsbeginn entwickelten deutschen Geräte immer mehr. Ein als Abnehmer beschäftigter Techniker (Uffz. Hr. Kovacs) bemüht sich bei Horny um den Bau einer modernen „Funkpistole“, wird aber von seinem Amt zurückgepfiffen. Ein unsinniger Auftrag dagegen soll zur Entwicklung eines elektromagnetischen Wurfgerätes an Stelle der „Panzerfaust“ (Bazooka) führen.
Das 20-Jahre-Jubiläum der Firma gibt willkommenen Anlaß zu Publizität. Im Oktoberheft des „HORNYST“ erscheint ein ausführlicher Rückblick auf „Meilensteine auf dem Entwicklungsweg des Hornyphon-Gerätes“ und zeigt u. a. F. Horny mit 10 Mitarbeitern, die das Kriegsverdienstkreuz erhalten haben. Das in großer Auflage gedruckte Heft geht auch an zahlreiche Händler, an Firmenfreunde und nach Eindhoven, wo die Ordensgalerie wenig Freude macht. Zusammen mit den 1937 genannten 200.000 Geräten muß Horny bisher an die 550.000 Empfänger produziert bzw. auf den Markt gebracht haben. Die im HORNYST genannte „Million zufriedener Kunden“ ist zu viel. Zum Privatvergnügen wird der Firmengründer mit 33 Mitarbeitern in Öl porträtiert. Die Hornyfabrik in Preßburg hat viele Schwierigkeiten. Die Belegschaft muß erst angelernt werden und slovakische Meister in Wien geschult werden. Nur einige Frauen, vorwiegend für Büros, konnte man aus Wien versetzen. Die Betriebsleitung (stellv. für Hern Steiner) führt Frl. F. Blutaumüller. Nur während kurzer, wegen der Verpflegssituation sehr begehrter, Besuche für die jedesmal wieder ein Visum angefragt werden muß, können die Wiener Ressortchefs nach dem Rechten sehen. Die Qualität der Spulen und des Abgleichs sind mäßig, die Verbindungsstellen, die wegen Zinnmangel nicht gelötet, sondern geschweißt werden (SIEMENS-Schlweißgriffel u. ä.), miserabel. Hr. Göschl kann nur mit Mühe und oft nur auf krummen Wegen die Teile aus Frankreich bringen: das sind Drehkondensatoren (ARENA), Festwiderstände meist Massewiderstände mit besonders schlecht schweißbaren Eisendraht-Anschlüssen, Glimmerkondensatoren usw. Auch die Zulieferungen der innereuropäischen Fabriken und der PHILIPS-Schlüsselröhren erfolgen stockend.
Geräterange
Das Jahr 1944
Algemeine Entwicklung
Wenige glauben noch an einen deutschen Sieg. Umso schärfer werden alle Überwachungen und Restriktionen gehandhabt. Eisenbahnfahrten sind bald nur mehr mit Sondererlaubnis möglich, Fracht und Paketverkehr wird gesperrt, in der zweiten Jahreshälfte wird das private Telefonieren eingeschränkt. Nach Luftangriffen gibt es oft kein Gas und meist auch lange keinen Strom. Die Leistung sinkt, doch fast niemand versucht seinen Arbeitsplatz zu verlassen, wo es doch noch etwas Wärme, Schutz und eine offizielle Daseinsberechtigung (Bezugskarten) gibt. Viele lassen ihre nicht arbeitspflichtigen Familienmitglieder, vor allem mit Kleinkindern, in weniger Luftgefährdete Gebiete „umquartieren“, was die Effizienz der Daheimgebliebenen auch nicht gerade stärkt. Der Flut der dadurch entstehenden Briefe soll durch ein Briefverbot entgegengetreten werden, das aber bald wieder aufgehoben wird. Zur Schnellverständigung nach Luftangriffen gibt es “ sogenannte Lebenszeichen-Postkarten. Im Oktober stellt man auch in Wien den Volkssturm auf, an dessen Übungen auch UK-Gestellte („Unabkömmliche“) teilzunehmen haben.
HORNY
Verlegt weitere Fertigungen nach VINDOBONA-Tribuswinkel. Das ist die Abteilung Pörtl, Spritzerei, Teilefertigung und ein Teil der Metallwaren. Die Arbeitsverhältnisse werden schwieriger, die Verkehrsverhältnisse von und nach Wien immer schlechter, dabei gibt es auch Schicht und Nachtarbeit. Häufige Fliegeralarme durch das in der nähe befindliche Flugmotorenwerk Wiener-Neudorf, doch nie entsteht ein größerer Schaden. In Wien werden verlegt, die wichtige Radio-Serviceabteilung samt einem Lager und das Konstruktionsbüro nach Wine 3., Prinz-Eugenstr. 70. Der Werkzeugbau und das Lager nach XVI., Konstantingasse. Die Entwicklungs und EBM-Gruppen nach I., Stadiongasse. Später kommt ein mit dringlichster Fertigung (Prüfung, Abgleich und Eichung altmodischer Tornisterfunkgeräte) befaßter Teil das ist die Gruppe der Herrn Baumgartner und Haidenthaller samt direkten Arbeiterinnen in den Flakturm in der Stiftskaserne in Wien VII.
Hr. Frey beauftragt den nebenamtlichen Werkschutz mit intensiverer Beobachtung verdächtiger Vorgänge und des Verkehrs mit ausländischen Arbeitern. Plakataktionen „Feind hört mit“ und dergelichen gegen Spionage. Für bombengeschädigte Mitarbeiter gründet die Firma einen „Fürsorgestab“ und beginnt auf dem Laaerberg 64 Behelfsheime zu bauen (35 m2 in 300 m2 Grund). Der“HORNYST“ erscheint das Heft 24. am Jahresende zum letzten Mal. Nach mehreren kleineren Bombenschäden brennen bei einem Fliegerangriff am 11. Dezember die zwei großen Lagerhallen mit Magnesium-Spritzgußteilen und eine Werkshalle völlig aus.
Angesichts des nahen Kriegsendes prüft Friedrich Horny die Möglichkeit der Verlagerung wenigstens eines Teils der Fabrik nach dem Westen, Oberösterreich oder Salzburg. Wertvolles (Radio) Material wird in kleinen Orten in Ausweichlager verbracht. Die Herren Baumgartner und Lederer (Vorentwurfskonstrukteur des Lab) entwickeln verbotenerweise einfache Nachkriegs-Radiomodelle in der sparsamen Zwerg-Technologie (z.B. „Riesenzwerg mit Chassis 1038 L und großer Skala und Holzgehäuse“). Hr. Ridiger (Revisor, seit 1937 bei PHILIPS), wird aus Berlin nach Wien versetzt. Im Folgejahr übernimmt er bei Horny die Agenden des Hrn. Dr. Grimm dessen Prokura im März 1945 gelöscht wurde, wird aber nicht mehr Prokurist.
Anzahl der Mitarbeiter über 2000, wovon rund 375 Angestellte. Gesamtumsatz 1044 (zivil): 2,984 Mio Reichsmark, davon 0,968 Mio Reichmark Export.
Geräterangeübersicht 1923 bis 1944
Quellen:
Radiobote Jg. 6, Heft 35
Aufzeichnungen von, und Gespräche mit Mitarbeitern von Philips Österreich.
Ing. H. Baumgartner, Ing. H. Kump, DI K. Kontrus, P. Haupt, H.Vogl